Der Hund im Hirn und andere Merkwürdigkeiten
SZ/BZ 8.11.2017
Theater Szene 03 spielt Curt Goetz im Theaterkeller / Karsten Spitzer setzt in seiner Inszenierung auf die leisen Zwischentöne
Lieber schmunzeln statt kichern
Von unserem Mitarbeiter Matthias Staber
Mit „Hund im Hirn und andere Merkwürdigkeiten“ hat das Theaterensemble Szene 03 Premiere mit einem Curt-Goetz-Abend im Sindelfinger Theaterkeller gefeiert. Darin präsentieren Jenny Spitzer, Sarah Kupke, Daniel Bayer, Jürgen Siehr, Stefan Vitelariu und Femi Morina unter der Regie von Karsten Spitzer drei Einakter des beliebten Komödienschreibers.
„Frauen betrügen ihre Männer nicht, wenn sie Männer sind“: Wie es sich heraus stellt, liegt der Herr Professor (Daniel Bayer) mit dieser Faustregel ziemlich daneben. Denn dessen junge Gemahlin (Jenny Spitzer) hat ein Auge auf den zwielichtigen Herrn Tittori (Stefan Vitelariu) geworfen und lässt sich in Abwesenheit des Gatten außerehelich umgarnen. Was in anderen Theaterstücken in die lautstarke Katastrophe münden würde, nimmt bei Curt Goetz leisere und subtilere Bahnen: Mit feiner Ironie und überlegenem Witz überlistet der gehörnte Ehemann seinen Widersacher, der schließlich kleinlaut das Weite sucht. (…)
Auch die Vielfalt von Curt Goetz als pointiertem Komödienschreiber möchte Karsten Spitzer präsentieren. Und auch das ist ihm gelungen. Während „Herbst“ in der Romantik der Nostalgie schwelgt und bezaubernd von der Zeitlosigkeit der Liebe erzählt, anrührend von Sarah Kupke und Jürgen Siehr auf die Bühne des Theaterkellers gebracht, präsentiert sich „Der fliegende Geheimrat“ als rasante Slapstick-Nummer, in der die Gags einander jagen – auch hier reüssiert Daniel Bayer wieder einmal mit seinem humoristischen Talent.
So setzen alle drei Einakter, die Karsten Spitzer und seine Darsteller bei „Hund im Hirn und andere Merkwürdigkeiten“ auf die Bühne bringen, je eigene Akzente, die unterschiedliche Merkmale von Curt Goetz als zeitlosem Komödienschreiber in den Fokus rücken. Was die Szenen eint, ist eine charmante Lockerheit in der Dialogführung, die vom Theater Szene 03 in ansprechender Spritzigkeit akzentuiert wird.
Wer Abwechslung zur grellen Aufdringlichkeit sucht, die aktuelle Humorkost allzu oft prägt, lieber schmunzelt statt kichert und knapp zwei Stunden bei feinem Witz entspannen möchte, liegt mit einem Besuch des Theaters Szene 03 genau richtig.
Kreiszeitung 8.11.2017
Ärzte und Liebestraum im Herbst
Theater Szene 03 spielt drei Einakter von Curt Goetz im Sindelfinger Theaterkeller
Von Anne Abelein
Amüsant, kurzweilig und bisweilen skurril – so gestalten sich die Einakter des deutsch-schweizerischen Autors Curt Goetz. Drei Stücke hat das Ensemble Theater Szene 03 am Freitag im Theaterkeller in „Hund im Hirn und andere Merkwürdigkeiten“ verbunden. (…)
Treibende Charleston-Musik und ein trällernder Butler (Femi Morina) stimmen das Publikum auf die Epoche ein. Wir blicken in eine elegante Wohnung der 20er Jahre. Der Herr Professor (Daniel Bayer) kehrt zurück, seine Frau lässt aber noch auf sich warten, und er schöpft Verdacht. Hat sie sich etwa mit einem gewissen Herrn Tittori vergnügt? So lebenslustig und kokettierend, wie sich Jenny Spitzer als seine Frau Eva geriert, wäre das durchaus denkbar. Im eleganten Fransenkleid mit Federstirnband und Zigarettenspitze umgarnt sie ihren Mann, der sich aber nicht beirren lässt und auf eine List verfällt. (…) „Hund im Hirn“ nennt sich das Stück, und Daniel Bayer als Arzt genießt es sichtlich, dem Betrug auf die Schliche zu kommen und den Nebenbuhler dabei zu quälen. Neuzugänge fügen sich gut ins Ensemble ein Im Ensemble Theater Szene 03 agieren gelernte Schauspieler und erfahrene Amateure aus dem Raum Sindelfingen und Stuttgart Seit an Seit, und die zwei Neuzugänge Stefan Vitelrariu und Femi Morina als Tittori und Butler Johann fügen sich gut ein. (…)
An diesem Abend spielt erstmals der Szene-03-Gründer Jürgen Siehr unter der Regie Spitzers, der 2015 die Theaterleitung übernommen hat; früher war es umgekehrt. In „Herbst“ reizen Jürgen Siehr und Sarah Kupke zur wehmütigen Nostalgie und zum leisen Schmunzeln: Ein liebenswürdiger Theaterintendant und eine Frau in schon etwas fortgeschrittenem Alter knüpfen auf einer Parkbank ein Gespräch an. Er erzählt ihr von seiner unerfüllten Liebe, und mehr und mehr beginnt man zu erahnen, dass es sich bei seiner Gesprächspartnerin um eben jene handelt. Die Frau gibt sich aber nicht zu erkennen, hält das Verhältnis verklärt-wissend lächelnd in der Schwebe und bewahrt so den Beziehungstraum.
Der dritte Einakter „Der fliegende Geheimrat“ knüpft an den ersten an; wieder spielen Ärzte eine tragende Rolle. Den schon reichlich angejahrten, tütteligen Geheimrat (Daniel Bayer) sucht ein seltsamer Patient auf. Kann es sein, dass es sich bei dem unverwandt starrenden und wortkargen Gast (Femi Morina) am Ende um den Tod persönlich handelt? Daniel Bayer wird sichtlich immer unbehaglicher zu Mute. Aber da wird sich doch wohl gewiss ein Handel abschließen lassen? Zumal der Quacksalber dem Tod doch eine Menge vielversprechender Klienten beschert? Mit einem schmissigen Charleston als Dreingabe verabschieden sich zu guter Letzt die Akteure.