Kreiszeitung Böblingen (Anna J. Deylitz), 12.01.2003


Interessante Inszenierung des Albee-Dauerbrenners.

Sindelfingen. Eine höchst gelungene Aufführung des Albee-Dauerbrenners "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" gibt es noch bis Mittwoch im Theaterkeller zu sehen. Was macht dieses Stück denn eigentlich so spannend, dass man es immer wieder sehen kann und sich immer wieder der Beklemmung aussetzt, die es vermittelt, wenn es denn gut gespielt wird. Jürgen Siehr, der Regisseur dieser neu formierten Theatergruppe Theater Szene 03 hat sich für diese beklemmende Version entschlossen und nicht die geschliffenen Dialoge Albees dazu benutzt, so etwas wie Boulevard aus dem Stück zu machen und dies ist ihm sehr gut gelungen. (...)

Die Martha ist die tragende Rolle dieses Stückes, ihr muss der Balanceakt zwischen ewig keifender Dame und lebensgieriger Frau gelingen. Zu weiten Teilen schafft Gudrun Steinle diesen schwierigen Part auf bemerkenswerte Weise. (...) So ist ihr Frithjof Künzel als George mehr als ebenbürtig. Wie er diesen gebeutelten, aber auch Spaß an der Sache findenden Looser spielt, wie er bei seinen Petzereien zu großer Form aufläuft: Das wirkt in jeder Phase echt und überzeugend. Die beiden jungen Neulinge in unserer Gegend passen in ihren spielerischen Leistungen sehr gut in das Ensemble. Kira Thomas holt aus der Rolle des kleinen Dummchen Putzi heraus, was herauszuholen ist. Christoph Franz als Nick ist ein wacher und gelegentlich empörter Beobachter des Ganzen, gleichzeitig aber auch ein hoffnungsloser Opportunist. Als verführter Verführer wie als den liebenden Ehemann gebender Karrierist hat er eine überzeugende Bühnenpräsenz.

Eine äußerst sehenswerte Aufführung für alle, die auch abends gelegentlich nachdenken wollen.
 


Sindelfinger Zeitung, 14.01.2003

Neues Ensemble "Theater Szene 03" mit Edward Albees "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?". Torpedos aufs amerikanische Idyll. Von unserem Mitarbeiter Ulrich Holthausen.

Starke Darsteller und eine geschlossene Ensembleleistung des neuen "Theater Szene 03" in einer bemerkenswert unprätentiösen Inszenierung von Jürgen Siehr beeindruckten das Publikum im Sindelfinger Theaterkeller: amüsant und durchaus nicht nur im Dialog schlagkräftig Edward Albees unbequem vertrautes Schauspiel eines Ehekrieges. Es geht heiß her im rappelvollen Theaterkeller. Intensive Darstellung und dichtes Theater. ...
 

Sehr konzentriert das Spiel, das hier von den vier Darstellern, reduziert auf eine einzige Nacht, gefordert wird. Und die Bühnenarbeit ist stimmig bis ins Detail. Unter der Regie des in der regionalen Theaterszene seit gut drei Jahrzehnten als Darsteller wie als Regisseur bekannten Holzgerlinger Jürgen Siehr hat sich diese freie Produktion formiert, die unter dem Namen "Theater Szene 03" firmiert...

Seine Inszenierung bleibt wohltuend zurückhaltend. Orientiert sich zudem stärker an Albees Text, als an der legendären Verfilmung mit Elizabeth Taylor und Richard Burton. Dicht und schnell bleibt das dramatische Spiel mit sehr starken Darstellern ohnehin. Frithjof Künzel spielt solch extremen Ausnahmesituationen einfach immer wieder exzellent. Wie aus dem alltäglichen Leben gegriffen, ein geprügelter Hund und gleichzeitig das scheinbare Idyll torpedierend: die Szenerie wird beklemmend vertraut. Ebenso wie die gesellschaftlichen Spielregeln. Gudrun Steinle aalt sich in der zynisch witzigen Brillanz der Dialoge und zwingt dem Zuschauer in peinlichen Situationen noch ein unbehagliches Lachen ab. Das andere Paar bilden ein eindrucksvoller Christoph Franz und amüsant und intensiv die Stuttgarter Schauspielschülerin Kira Thomas: eine amerikanische Variante des Absurden. Hinter dem todtraurigen Ernst einer provozierenden Gesellschaftskritik, einer massiven Attacke auf den American Way Of Life und seinem albtraumhaft nach Unterhaltung strebendem Geschmack präsentiert sich eine fast unerklärbar amüsante Heiterkeit.

 

Stuttgarter Nachrichten, E. Schlosser, 22.03.2003

 

Den meisten dürfte Edward Albees Stück geläufig sein, schließlich wird jenes oft und gerne auf die Bühne gebracht. Auch Jürgen Siehr hat sich dem nichts auslassenden Ehekrieg angenommen.... Die eigens für das Stück gegründete Gruppe „Theater Szene 03“ verleiht den vier Figuren des bitterbösen Pärchen- und Geschlechterkriegs gegensätzliche Charaktere... Regisseur Siehr hat sich eng an die Vorlage gehalten und sie realistisch umgesetzt. Selbst Bühnenbild, das Wohnzimmer mit Couchkombination und Minibar, und Kostüm bleiben fein Abbild einer bürgerlichen Wirklichkeit.

 

 

Cannstatter Zeitung, M. Rettstatt, 29.01.2003

 

Mit dem Stück „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ feierte am Wochenende das kkt eine glänzende Premiere. Regisseur Jürgen Siehr hatte sich mit dem Bühnendrama einiges vorgenommen. ... Siehr und seine Theatergruppe haben sich dabei eng an Albees Vorlage gehalten. ... Die neu gegründete Stuttgarter Gruppe „Theater Szene 03“ um Regisseur Jürgen Siehr bietet damit ein wirklich unterhaltsames Stück auf sehr hohem schauspielerischen Niveau an. Sie haben mit diesem Stück bei einem begeisterten Premierenpublikum auf jeden Fall einen bleibenden Eindruck hinterlassen.