Kreiszeitung Böblingen, 30.04.04 

 

Theater Szene 03 mit "Der Kontrabass" im Sindelfinger Theaterkeller

 

Sindelfingen - Dieser Kontrabassist hat zwei Obsessionen: Sein Instrument und die fabelhafte Sängerin Sarah. (... ) Der Schauspieler Karsten Spitzer, in Berlin ausgebildet, erweckt dieses skurrile Wesen zum Leben. Dem verschrobenen Sonderling verleiht er liebenswerte Züge. Man muss immer wieder schmunzeln. Patrick Süskinds Kontrabassist ist ein vielschichtiges, merkwürdiges Wesen, dessen Monologen man mit Anteilnahme folgt. Man leidet mit ihm mit, der einsam ist und verlassen, auch von allen guten Geistern. Liest man das Stück, irritiert die Redseligkeit des Helden, auf der Bühne wirkt das sehr überzeugend. Sein Wortschwall gehört zu seiner Persönlichkeit.

Spitzer ist ein Virtuose des Mienenspiels, Dramen spielen sich auf seinem Gesicht ab. Der Regisseur Jürgen Siehr hatte viele gute Ideen und hat den Text sinnvoll gekürzt: Die 90 Minuten vergehen wie im Fluge. Das Stück beginnt mit Brahms, den Kontrabässen in seiner zweiten Sinfonie. Kann ein Stück besser beginnen? (...)
Für Karsten Spitzer ist die Rolle "eine absolute Herausforderung". In zwei Monaten hat er sie sich erarbeitet. Er bewältigt sie brillant und bewegend. In den Achtzigern war "Der Kontrabass" das meistgespielte Stück auf deutschen Bühnen. Seine Sprache ist leicht und prickelnd wie Champagner. Dieses vergnüglich-hintersinnige Stück ist etwas für Musikfreunde, Theaterfans oder Operngänger und alle, die es werden wollen. (Jan Renz)

 

 

 

Hassliebe zum Kontrabass STZ 3.5.04

 

Von Petra Mostbacher-Dix

 

Es ist wirklich zum Heulen! Endlich hat der Musiker es geschafft, eine potenzielle Geliebte in die Wohnung zu lotsen, da tönt immer einer mit wuchtiger Präsenz dazwischen. Da hat natürlich weder Zweisamkeit noch Erotik eine Chance, zumal das Staatsorchestermitglied den Störenfried (...) nicht einmal loswerden kann, immerhin handelt es sich dabei um den Mittelpunkt seines Musikerlebens: seinen Kontrabass.
"Der Kontrabass" heißt auch das Stück, in dem Patrick Süskind einmalig komisch und mit viel Ironie die Hassliebe eines ambitionierten Musikers zu seinem Instrument beschreibt. (...) Jürgen Siehr, Regisseur und Leiter der Theater Szene 03, hat den Monolog mit dem Schauspieler Karsten Spitzer taktvoll in Szene gesetzt. Siehr: "Mir war es wichtig, dass das Publikum die Gefühle des Protagonisten in jedem Moment nachvollziehen kann." Und das ist Siehr genauso wie Spitzer, der an der Berliner Hochschule der Künste Schauspielerei studierte, bestens gelungen. (...) Er schafft es immer den Zuschauer in die Welt seiner kleinen Freuden und großen Berufsleiden mitzunehmen. So kann man seine Unzufriedenheit verstehen, wenn er erzählt, dass die Kontrabassisten im Orchester an letzter Stelle kommen.

(...) Und wenn er über seine instrumental bedingte Einsamkeit und seine Liebe zur Mezzosopranistin Sarah sinniert, die ihn nicht einmal bemerkt und sich jeden Abend von Tenören in sündhaft teure Fischlokale einladen lässt, ist man gar versucht, ihn tröstend bei der Hand und die Bierflasche aus selbiger zu nehmen. Gut, dass er am Schluss eine Lösung in Urschreimanier zumindest andenkt - Ausführung offen.
Dass Süskind durchaus wusste, wovon er schrieb, bestätigte eine Zuschauerin. Ihr Kommentar: "Wer sich im Orchestergeschäft auskennt, weiß, das alles stimmt haargenau."

 

 

 

Sindelfinger Zeitung 11.05.2004

 

Karsten Spitzer mit "Kontrabass" im Theaterkeller 

Von unserem Mitarbeiter Ulrich Holthausen

Ein "Kontrabass" ohne Misstöne, aber auch kein Furioso: Karsten Spitzer präsentiert Patrick Süskinds Erfolgstück im Sindelfinger Theaterkeller in einer Inszenierung von Jürgen Siehr als nachhaltigen Monolog. (...) Der Kontrabass - ein Missverständnis: "Absolut unschön in Klang und Form." So sieht ein Musiker sein Instrument. In inniger Hassliebe ist er ihm verbunden. (...) Hin- und hergerissen zwischen Größenwahn und seinem Kleinmut. Ein Musiker im Gespräch mit seinem Instrument. Ein großer Monolog. Durchaus komisch. Wie die Liebe zur jungen Opernsängerin.

Notenblattartige Fahnen hängen an einer Wäscheleine. Der Kontrabass lehnt an einem Korbsessel. Aus dem CD-Player Brahms, Schubert sowie unbekanntere Stücke. Das ist seine Welt. Und es ist eine kleine Welt. Dem musikalischen Universum des Kontrabasses nicht unähnlich. Und es ist das Bild, in dem Karsten Spitzer bei der Inszenierung des Sindelfinger Ensembles "Theater Szene 03" (Regie und Bühnenbild Jürgen Siehr) seinen Traum vom großen Stück spielt.

Es wird ein nachhaltiger Monolog. Komisch vor allem agiert er stark. Gelegentlich geradezu umwerfend. So hat man ihn ja schon auf Sindelfinger Bühnen (Schaubühne, Theater Szene 03) erlebt. (...)

Der Zuschauer leidet mit. Und amüsiert sich dennoch köstlich. Es sind starke Szenen, komisch die Umziehszene oder wenn er seinen Kontrabass zu begatten sucht. Allein der Mann auf der Bühne bleibt einsam. (...) Immer wieder sucht sich Karsten Spitzer in sein starkes Mienenspiel zu retten: der Schrei des Bassisten. Doch die Komik kratzt am Klamauk. Der Versuch, mit dem Publikum zu spielen, verselbstständigt sich unkontrolliert. (...) Und dennoch ein durchaus amüsanter Theaterabend.